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EU-Parlament zur Lage der Grundrechte

Am Donnerstag, den 1. März wurde im Europäischen Parlament eine Entschliessung zur Lage der Grundrechte angenommen, die auch Transgender, Transsexualität und Intersexualität betreffen. So wird in dem Text unter anderem bedauert, dass "lesbische, schwule, bi-, trans- und intersexuelle Personen" Mobbing und Belästigung erlebten und diskriminiert werden. Die Mitgliedstaaten der EU werden dazu aufgerufen, Gesetze zu erlassen und politische Maßnahmen zu ergreifen, mit denen Homophobie und Transphobie bekämpft werden.

Die Mitgliedstaaten der EU werden zudem dazu aufgefordert, eine Agenda vorzulegen, die geeignet ist, um für gleiche Rechte und Chancen der Bürger zu sorgen. Dazu soll mit Vereinen und Initiativen zusammengearbeitet werden, die sich "für die Rechte von LGBTI-Personen" einsetzen. Laut Text sollen "Transgender-Identitäten" nicht weiter pathologisiert werden und darauf geachtet werden, dass das Recht auf "Geschlechtsidentität" und "Ausdruck der Geschlechtlichkeit geachtet" wird. Reparative Therapien (Umpolungstherapien) für "LGBTI"-Personen sollen verboten werden.

In der Entschliessung wird auch auf die medizinische Versorgung verwiesen. So sollen die Staaten der EU dafür sorgen, dass "alternative Modelle des Zugangs zu entsprechenden Behandlungen" ausgearbeitet werden, die ohne die Einteilung als "psychisch krank" auskommen. Zudem seien "medizinische Eingriffe" als Voraussetzung für die Anerkennung der Geschlechtszugehörigkeit abzulehnen. Es solle dafür gesorgt werden, dass eine Änderung der rechtlichen Geschlechtszugehörigkeit "ohne medizinische Anforderungen wie Operationen, Sterilisierungen oder psychiatrische Gutachten" möglich ist.

Auch die Situation der Kinder wird erwähnt: Für "Gendervarianz in der Kindheit" soll keine neue ICD-Diagnose mehr eingeführt werden. Chirurgische Eingrife an "intersexuellen Kindern" werden in der Entschliessung als "medizinisch nicht notwendig" angesehen.

Bewertung:

Die Entschliessung des EU-Parlaments geht in die richtige Richtung, da sie die TTI-Themen anspricht, basiert aber auf einem geschlechterdeutenden Weltbild. Die Grundlage des Textes ist nicht ausreichend. Es wird nicht von LSBTTIQ gesprochen, sondern von LGBTI. Dahinter verbirgt sich in der Regel eine Missachtung der Rechte von Menschen mit Transsexualität. Auch wenn in dem Text "Transsexualität" in der Einleitung genannt wird, geht es anschliessend um "Transgender-Identitäten" und "Gendervarianz" und nicht um Transsexualität. Damit ergeben sich folgende Lücken:

a) Transsexuelle Menschen wissen über eine körperliche Abweichung zu ihrem Geschlecht Bescheid. Es braucht eine medizinische Versorgung, die Transsexualität in den Mittelpunkt der Behandlung stellt und nicht die Abfrage von "Gender Identitäten". Da braucht es medizinische Sicherheit. Der Text erwähnt dies nicht.

b) Kinder mit abweichenden Körpern, die unter diesen leiden, existieren. Zu Menschenrechten gehört auch, die medizinische Versorgung sicher zu stellen (Recht auf Gesundheit).

c) Transsexualität zu einer Frage der "Geschlechtsidentität" zu machen, ist bereits ein reparativer Ansatz und der Versuch einer Umpolung. So sind Frauen mit Transsexualität keine biologischen Männer mit abweichender Genderidentität. Sie werden ausgehend des Ansatzes der Psychosexologie aber weiterhin so behandelt, und "Gender Varianz" immer noch in den Mittelpunkt der medizinischen Behandlung gestellt (anstatt die Behandlung körperlicher Variationen).

d) Nachdem Lobbyorganisationen, die sich für "Transgender"-Belange ("Trans*personen) eingesetzt haben, aber das Thema Transsexualität vereinnahmt haben, in den letzten Jahren prominent vertreten waren, Menschen mit Transsexualität aber nicht zu Wort kamen oder bewusst ignoriert oder verleugnet wurden, stellt sich die Frage: Wann werden auch Menschen mit Transsexualität zu Wort kommen? Wann werden ihre Anliegen in der Politik ernst genommen?

Zu empfehlen wäre auch der EU, Transsexualität innerhalb von LGBTTIQ anzuerkennnen. Dies ist hier noch nicht der Fall. Die geschlechtliche Weltsicht, die hinter dem EU-Text steckt, basiert immer noch auf einem Weltbild, das die Selbstaussage von Menschen über ihr Geschlecht (und nicht ihre Geschlechtsidentität!) nicht anerkennt. Der Text ist damit inkonsequent.

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