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Dritte Geschlechtseinträge und geschlechtliche Deutung

In der Debatte um dritte Geschlechtseinträge wird gerne vergessen, dass bereits die Trennung in "trans*" und "inter*" auf medizinischen Diagnosen und Medizinermacht basiert. Solange "trans* und "inter*" als Label für unterschiedliche Menschengruppen gedacht wird und diese dann als "transgeschlechtlich" und "intergeschlechtlich" bezeichnet werden, wird Identität und Körper derart vermischt, dass biologistische Zuschreibungen von Aussen - hier: Mediziner - zu geschlechtlichen Einteilungen führen.

Damit führt sich eine Bewegung, die sich für eine Überwindung "heteronormativer" gesellschaftlicher Zustände einsetzt, selbst ad absurdum. Wenn wir nicht aufpassen, könnte ein schlecht durchdachtes Engagement am Ende zu mehr geschlechtlichen Zuweisungen führen - und zwar nicht nur bei den Menschen, die durch Mediziner und Psychiater zu "Trans*menschen" und "Inter*menschen" gemacht werden, sondern bezogen auf Geschlecht an sich. Das ist dann der Fall, wenn Gesetze verabschiedert werden, welche die medizinisch-psychiatrische Logik festschreiben, man könne an Körpern und Psyche das Geschlecht eines Menschen von Aussen bestimmen.

Es wäre daher wünschenswert, den gesellschaftlichen Einsatz für mehr Gleichberechtigung der Menschen neu zu justieren: Dieser sollte nicht identitär sein, also nicht Menschen in medizinisch-psychiatrische Geschlechterschubladen stecken (die Folgen haben wir ja gerade beschrieben), sondern sich folgenden zentralen Anliegen widmen:

  • Anzuerkennen, dass nur Menschen selbst im Zweifel über ihr Geschlecht Bescheid wissen...
  • ... die Menschen sich zu ihrem Geschlecht äussern können...
  • ... und diese Äusserung sich auf das Geschlecht bezieht (und nicht etwa auf "Geschlechtsidentität").

Zudem:

  • Anzuerkennen, dass Körperzustände zu deuten, fehlerbehaftet ist (auch wenn es sich um medizinisch-psychiatrische Deutung handelt) und Körper und Verhalten zu deuten, prinzipiell nicht zur endgültigen biologischen(!) wie psychischen Geschlechtsbestimmung herangezogen werden kann.

Das meint letztlich aber auch, dass der Einsatz für Menschen mit geschlechtlichen Variationen nur dann ein wirklicher Einsatz ist, wenn Menschen zum Einen von Anfang an in ihren geschlechtlichen Selbstaussagen ernst genommen werden und zum Anderen körperliche Zustände wie Zustände des Verhaltens nicht geschlechtlich gedeutet werden. Weder als "Mann" oder "Frau", noch als "trans*" oder "*inter*". Es reicht Körperzustände, Körperzustände sein zu lassen.