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Ein Gender-Glossar und gewisse Zuschreibungslogiken

Caroline Kunz und Sophie Aschenbrenner von Jetzt.de haben im Netz ein Gender-Glossar veröffentlicht. Da sich daran wunderbar zeigt, wie die aktuelle in unserer Gesellschaft starke geschlechtliche Zuweisungslogik - die wir für patriarchal halten - um sich greift, möchten wir darauf eingehen.

Zuvor ein Link:

Was bedeutet eigentlich genderfluid?

Gender wurde in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg dafür verwendet, um Zustände in stark patriarchalen Gesellschaften beschreiben zu können. Insbesondere in der Zeit zwischen 1933 und 1945 sind Menschen Rollen und Funktionen in der Gesellschaft zugewiesen worden. Jemand der als Frau definiert wurde, galt damals als Vermehrerin des reinen Blutes qua Gebärfähigkeit. Daraus leiteten die Nationalsozialisten die Aufgaben in der Gesellschaft ab: Frauen sollten sich um die Kinder kümmern und neue Deutsche gebären.

Nach dem zweiten Weltkrieg wurde diese soziale Zuschreibung in Frage gestellt. Dafür brauchte es Begriffe. Gender war so ein Begriff, der dann eine Auseinandersetzung mit den sozialen Kategorisierungen und Biologismen der Zeit zuvor ermöglichte. "Gender" als Wort, war ein Wort der Kritik und ermöglichte Zustände zu beschreiben.

Mittlerweile scheinen wir am anderen Ende angekommen zu sein. Gender-Begriffe werden in immer stärkerem Mass als Werkzeuge dazu verwendet, nicht mehr Einteilungen zu kritisieren, sondern diese Einteilungen vorzunehmen. Es wird also das gemacht, was ursprünglich - nach den 30er und und 40er Jahren - kritisiert worden ist: Menschen anhand von Körperzuständen Geschlechtsidentitäten zuzuteilen. Gender ist ein Werkzeug der Fremdbestimmung geworden. Der Stern, der von Anhängern der Fremdbestimmung gerne "Sternchen" genannt wird, ist ein Zeichen geschlechtlicher Unterwerfung (wer daran Kritik übt, wird gerne mal ausgeschlossen).

Die Fremdbestimmungs- und Zuweisungslogik findet sich dann ziemlich deutlich in dem Glossar bei jetzt.de wieder. Menschen werden anhand der Deutung von Körperzuständen sortiert und kategorisiert. Wir kritisieren diese Zuteilungen.

Deswegen würden wir das so sehen:

* - Gendersternchen

Das Gendersternchen trennt die Menschen fein sauber und identitär in unterschiedliche Kategorien und hat den Effekt der Diskriminierung und Ausgrenzung.

Geschlechtsidentität

Ein medizinisch-psychiatrischer Begriff, der - ähnlich wie das Gendersternchen - Menschen in unterschiedliche Kategorien einteilt. Steht im Mittelpunkt der psychiatrischen Behandlung transsexueller Menschen und wird zwangsweise vergeben.

Gender

Ursprünglich als Wort gebraucht, das die Konstruktion sozialer Geschlechter, die Einteilung in Kategorien aufzeigen und kritisieren sollte. Mittlerweile ist aus der Kritik eine neue Kategorisierung geworden.

Intergeschlechtlich

Wort, das Menschen verwenden, die Körpermerkmale und Geschlecht gleichsetzen und der Ansicht sind, dass Menschen, die sie auf Grund untypischer Körperausprägungen zuweisen, automatisch einem Intergeschlecht angehören. Auch ein Wort der Psychomedizin, die damit Gender zwangsweise zuordnet. Menschen mit Intersexualität werden dadurch einkategorisiert.

LGBTQ*

Ein Akronym, das Transsexualität und Intersexualität ausschiesst, und verunmöglicht Menschen zu denken, deren Körper vom Geschlecht abweicht. Das Sternchen am Ende schafft die anderen Anderen und weicht von der urspünglichen Idee ab, alle Themen zu nennen.

Transgeschlechtlich

Ein Wort, dass ebenfalls Transsexualität und Intersexualität unsichtbar macht und Menschen in Kategorien einteilt. Es entspricht der medizinisch-psychiatrischen Logik, Menschen anhand von Körpermerkmalen einem Geschlecht zuzuordnen und den Menschen, die zugeteilt wurden, eine abweichene Geschlechtsidentität zuzuschreiben.

Wir wünschen uns endlich ein Auseinandersetzung über die Zuschreibungslogik, die in unserer Gesellschaft immer weiter um sich greift. Wir wünschen uns eine Kritik an Biologismen, die Menschen auf Grund von Körperzuständen deutet. Wir wünschen uns eine Gesellschaft, in der Menschen nicht Geschlechtsidentitäten zugeschrieben werden. Wir wünschen uns einen linken Diskurs.