ATME trifft Bundesjustizministerin

Beim diesjährigen CSD Rathausempfang am 16. Juli in Stuttgart hatten Aktion Transsexualität und Menschenrecht die Möglichkeit, ein kurzes Interview mit Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) über die längst überfälligen Reformen des Transsexuellengesetzes zu führen. Sie führte aus, dass die Reformen des TSG als wichtige Aufgabe im Koalitionsvertrag vereinbart wäre, betonte aber, dass es in der Regierungskoalition hierzu noch keine inhaltlichen Einzelheiten zu vermelden gebe. Die Absicht wäre allerdings vorhanden, sich des Themas anzunehmen, ohne dass aber hierzu zeitliche Angaben gemacht werden könnten. Wieder einmal ein guter Wille aber nichts Konkretes?

"Ich hoffe, dass wir hier in dieser Legislaturperiode auch wirklich weiterkommen. Denn das, was das letzte Mal gemacht wurde, war dann ja nicht der grosse Erfolg."

Aus ihrer Sicht ist es nötig, das Transsexuellengesetz von der Bedingung der Fortpflanzungsunfähigkeit für die Änderung von Papieren, zu lösen. Man könne nicht solche Voraussetzungen aufstellen, die eine Zwangskastration erforderlich machen. Sie gab zu, dass es auf Grund der verschiedenen Ansätze der beteiligten Regierungsparteien schwer wäre in der Koalition in Sachen TSG-Reform, machte aber immerhin deutlich, dass ihrer Ansicht nach transsexuelle Menschen nicht als psychisch gestört bezeichnet werden dürften.

"Wir können transsexuelle Menschen nicht als psychisch gestört bezeichnen."
, so die Bundesjustizministerin wörtlich.

Damit wird deutlich, wie wichtig es ist, weiter konsequent zu fordern, Transsexualität in den medizinischen Klassifikationssystemen nicht weiter als "Geschlechtsidentitätsstörung" oder als "Wunsch dem Gegengeschlecht anzugehören" zu betrachten, sondern sich anstatt dessen für eine gesonderte ICD-Codierung stark zu machen und sich ausserdem immer wieder deutlich für eine Anerkennung der Rechte transsexueller Menschen einzusetzen: Die Änderung von Papieren ohne zuvor medizinische Bedingungen erfüllt haben zu müssen, und der Sicherung und dem Ausbau der medizinischen Leistungen, für diejenigen, die von geschlechtsangleichenden Operationen abhängig sind, um ein Leben in Würde führen zu können.

Im Anschluss an das Interview hat Aktion Transsexualität und Menschenrecht den Menschenrechtsbericht 2010 "Transsexuelle Menschen in Deutschland" an die Bundesjustizministerin übergeben. Sie hat uns versprochen, dass sie ihn lesen wird.

Hier die O-Töne zum Nachhören:

Zum Menschenrechtsbericht 2010 geht es hier lang: klick.

Nach dem Interview gab es für Aktion Transsexualität und Menschenrecht die Möglichkeit, noch ausführlicher mit Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger zu sprechen. Eine wichtige Frage, die uns beschäftigte, war: Wie bewusst ist der Politik überhaupt, welche Probleme sich im Alltag aus den Regelungen des Transsexuellengesetzes ergeben? Eine eindeutige Antwort haben wir auch hier nicht erhalten, ausser dass uns der Tipp gegeben wurde, unsere Forderungen noch deutlicher zu formulieren und mit unseren Anliegen an die Öffentlichkeit zu gehen. Machen wir immer wieder gerne.

Am 27. Juli 2010 werden wir mit Gästen in der Weissenburg in Stuttgart über die Frage "Sind transsexuelle Menschen wirklich geisteskrank?" diskutieren, und am Freitag, den 30. Juli haben wir im Theaterhaus Stuttgart neben Vertretern aus der Politik u.a. Balian Buschbaum zu Gast.

Mehr zu den Veranstaltungen gibt es: hier.