Warum wir die Hürden des sogenannten "Selbstbestimmungsgesetzes" ablehnen
Die Aktion Transsexualität und Menschenrecht e.V. setzt sich seit Gründung dafür ein, dass rechtlich anerkannt werden muss, dass Menschen ihr Geschlecht selbst am Besten kennen. Mit "Geschlecht" meinen wir nicht das soziale Geschlecht - also das, was mit "Gender" bezeichnet wird. Das neue Gesetzesvorhaben, welcher den Titel "Entwurf eines Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften" trägt, erkennt diese Tatsache nicht nur am, sondern leugnet diese. Wir lehnen das ab.
Ziel des Gesetzes sei:
"das Recht jeder Person auf Achtung und respektvolle Behandlung in Bezug auf die Geschlechtsidentität zu verwirklichen."
Wenn man weiss, dass Geschlechtsidentität auf englisch "Gender Identity" heisst und damit das soziale Geschlecht bzw. die Geschlechtsrolle gemeint ist, bleibt die Frage offen, ob der Gesetzgeber damit anerkennt, dass Menschen über die soziale Rolle hinaus Aussagen zu ihrem Geschlecht treffen können.
Das kann insofern deswegen bezweifelt werden, weil das geplante Gesetz folgende Einschränkungen beinhaltet:
"Ist die minderjährige Person geschäftsunfähig oder hat sie das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet, kann nur der gesetzliche Vertreter die Erklärungen zur Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen (§ 2) für die Person abgeben. Ein Vormund bedarf hierzu der Genehmigung des Familiengerichts; das Familiengericht erteilt die Genehmigung, wenn die Erklärung unter Berücksichtigung der Rechte des Mündels aus § 1788 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Wohl des Mündels nicht widerspricht."
Es stellt sich die Frage, warum ein Kind (im Vergleich zu Erwachsenen) nicht selbst äussern darf, wer es ist und dazu die Konsultation eines Familienrichters notwendig ist. Dass hierbei weiterhin auf Expertisen von selbsternannten Gender-Experten aus der Psychiatrie/Psychologie zurückgegriffen werden wird, versteht sich von selbst.
Weiter im Text:
"Die Änderung des Geschlechtseintrags oder der Vornamen wird erst drei Monate nach der Erklärung gemäß § 2 im Personenstandsregister eingetragen und wirksam. Innerhalb dieser Frist kann die Person ihre Erklärung schriftlich gegenüber dem Standesamt, bei dem die Erklärung nach § 2 abgegeben wurde, zurücknehmen."
Man sollte die Frage stellen, wieso eine Korrektur eines Eintrags, der bei der Geburt fehlerhaft vorgenommen wurde, nicht umgehend durchgeführt werden kann. Was erhofft sich der Gesetzgeber? Dass ein Mensch, dessen Gender-Eintrag nicht dem eigenen Geschlecht enstpricht sich es doch noch anders überlegt und doch lieber weiter mit falschen Geschlechtseinträgen leben will?
"Betreffend den Zugang zu Einrichtungen und Räumen sowie die Teilnahme an Veranstaltungen bleiben das Hausrecht des jeweiligen Eigentümers oder Besitzers und das Recht juristischer Personen, ihre Angelegenheiten durch Satzung zu regeln, unberührt."
Was soll das heissen? Und was soll dieser Absatz in einem solchen Gesetz? Ähnliche Fragen stellen wir uns auch bei folgendem:
"(3) Die Bewertung sportlicher Leistungen kann unabhängig von dem aktuellen Geschlechtseintrag geregelt werden.
(4) Auf den aktuellen Geschlechtseintrag kommt es nicht an, wenn medizinische Maßnahmen zu ergreifen sind."
Und dies hier?
"Die rechtliche Zuordnung einer Person zum männlichen Geschlecht bleibt, soweit es den Dienst an der Waffe auf Grundlage des Artikels 12a des Grundgesetzes und hierauf beruhender Gesetze betrifft, für die Dauer des Spannungs- oder Verteidigungsfalls nach Artikel 80a des Grundgesetzes bestehen, wenn in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit diesem die Änderung des Geschlechtseintrags von 'männlich' zu 'weiblich' oder 'divers' oder die Streichung der Angabe zum Geschlechtseintrag erklärt wird, sofern dies im Einzelfall keine unbillige Härte darstellen würde. Der zeitliche Zusammenhang ist unmittelbar ab einem Zeitpunkt von zwei Monaten vor Feststellung des Spannungs- oder Verteidigungsfalls sowie während desselben gegeben."
Wir hätten noch zahlreiche andere Fragen, die aber allesamt zum selben Hauptthema kommen: Erkennt die Bundesregierung an, dass Menschen wissen er sie sind? Oder soll im Zweifelsfall dann doch wieder jemand anderes entscheiden? Falls ja: Welche Merkmale sollen dafür herangezogen werden?
Nochmal unsere Position: Es braucht kein Gesetz, welches zahlreiche Hürden, Fristen und Ausnahmen vorsieht, sondern nur eines mit einem Satz:
"Jeder Mensch, der dies wünscht, kann seinen Geschlechtseintrag ändern lassen."
Wenn man davon ausgeht, dass in Deutschland Gleichberechtigung existiert, sollte es auch keine Ungleichbehandlung der Geschlechter geben. Und wenn keine Ungleichbehandlung existiert, braucht es auch keine Einschränkung hinsichtlich des Rechts auf Änderung des Geschlechtseintrages. Jede Einschränkung deutet darauf hin, dass die Geschlechter in Deutschland nicht gleichberechtigt sind. Und das wäre ein Skandal, da sich Deutschland auch im Grundgesetz zu der Gleichbehandlung der Geschlechter verplichtet hat. Und das Grundgesetz existiert nicht erst seit kurzem - das zur Erinnerung.