building responsive website

Wenn "Trans*" für Psychopathologisierung steht

Es gibt ja das Gerücht, dass die Sexualwissenschaft nicht mehr psychopathologisiert. Wie ist dann das hier zu deuten?

Ausschnitte aus der "neuen" AWMF-Leitlinie "Geschlechtsinkongruenz, Geschlechtsdysphorie und Trans-Gesundheit":

Federführende Fachgesellschaft:

Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung (DGfS)

Erstellt unter Beteiligung von

  • Akademie für Ethik in der Medizin (AEM)
  • Berufsverband Deutscher Nervenärzte (BVDN)
  • Berufsverband Deutscher Psychiater (BVDP)
  • Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK)
  • Bundesvereinigung Trans* (BVT*)
  • Deutsche Ärztliche Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DÄVT)
  • Deutsche Gesellschaft für Medizinische Psychologie (DGMP)
  • Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN)
  • Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (DGPT)
  • Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM) 
  • Deutsches Kollegium für Psychosomatische Medizin (DKPM) 
  • Gesellschaft für Sexualwissenschaft (GSW)
  • Schweizerische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (SGPP)

Und weiterer Beteiligung von

  • Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC)
  • Deutsche Gesellschaft für Andrologie (DGA)
  • Deutsche Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNO-KHC)
  • Deutsche Gesellschaft für Humangenetik (GfH)
  • Deutsche Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP)
  • Deutsche Gesellschaft für Sexualmedizin, Sexualtherapie und Sexualwissenschaft (DGSMTW)
  • Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU)

Als Feigenblatt sitzt dann diese für transsexuelle Menschen ärgerliche "Bundesvereinigung Trans* (BVT*)" zwischen all den Nervenärzten, Psychiatern, Psychologen, Psychotherapeuten und Psychosomatikern.

Frage: Was haben Psychiater, Psychologen, Psychotherapeuten und Psychosomatiker mit körperlichen Variationen zu tun?

Es steht dann in der Leitlinie:


"falsch empfundenen Wahrnehmung des eigenen Geschlechts"
"Vorgeschlagen ist, dass die Inkongruenz zwischen Gender und  den  primären  bzw.  sekundären  Geschlechtsmerkmalen  als  solche  den  Störungswert  ausmacht."
"Die  Feststellung  der  Diskrepanz  zwischen  Gender  (Geschlechtsidentität,  Geschlechtsrolle) und Zuweisungsgeschlecht wird zunächst von der behandlungssuchenden Person selbst getroffen. Es gibt keine objektiven Beurteilungskriterien, die den Behandelnden dafür zur Verfügung stünden (Güldenring, 2013). Gleichwohl ist eine umfassende Diagnostik mit ganzheitlicher Betrachtung der behandlungssuchenden Person notwendig, um im gemeinsamen Dialog eine individuelle Lösung finden und zuverlässige Prognosen für einzelne in Frage kommende transitionsunterstützende  Behandlungen  stellen  zu  können.  Im  Rahmen  dieses  diagnostischen Prozesses sind die körperlichen, psychischen und sozialen Aspekte zu erfassen sowie auf kulturelle Besonderheiten zu achten."
"Die  erste  Säule  einer  umfassenden  Diagnostik  ist  die ausführliche  Anamneseerhebung  der  psychosexuellen  Entwicklung.  Hier  berücksichtigt  werden  sollten  wichtige  Entwicklungsschritte vor und im Verlauf der Pubertät sowie in der Zeit nach der Pubertät. Von Bedeutung können  auch  bisherige  Körper-  und  Beziehungserfahrungen  sein,[...]"
usw.


Wir fordern Vereine wie die sogenannte Bundesvereinigung Trans* (BVT*) dazu auf, in Zukunft auf Worte wie "Menschenrechte" und "Emanzipation" zu verzichten und würden es begrüssen, wenn Menschen und Vereine, welche irrtümlicherweise die Stuttgarter Erklärung unterzeichnet haben (eine Erklärung die "geschlechtliche Deutung" verurteilt), ihre Unterschrift rückwirkend zurückzuziehen.

Mit Menschenrechten hat diese Leitlinie NICHTS gemeinsam.

https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/138-001l_Geschlechtsdysphorie-Diagnostik-Beratung-Behandlung_20181005_01.pdf

Dritte Geschlechtseinträge und geschlechtliche Deutung

In der Debatte um dritte Geschlechtseinträge wird gerne vergessen, dass bereits die Trennung in "trans*" und "inter*" auf medizinischen Diagnosen und Medizinermacht basiert. Solange "trans* und "inter*" als Label für unterschiedliche Menschengruppen gedacht wird und diese dann als "transgeschlechtlich" und "intergeschlechtlich" bezeichnet werden, wird Identität und Körper derart vermischt, dass biologistische Zuschreibungen von Aussen - hier: Mediziner - zu geschlechtlichen Einteilungen führen.

Damit führt sich eine Bewegung, die sich für eine Überwindung "heteronormativer" gesellschaftlicher Zustände einsetzt, selbst ad absurdum. Wenn wir nicht aufpassen, könnte ein schlecht durchdachtes Engagement am Ende zu mehr geschlechtlichen Zuweisungen führen - und zwar nicht nur bei den Menschen, die durch Mediziner und Psychiater zu "Trans*menschen" und "Inter*menschen" gemacht werden, sondern bezogen auf Geschlecht an sich. Das ist dann der Fall, wenn Gesetze verabschiedert werden, welche die medizinisch-psychiatrische Logik festschreiben, man könne an Körpern und Psyche das Geschlecht eines Menschen von Aussen bestimmen.

Es wäre daher wünschenswert, den gesellschaftlichen Einsatz für mehr Gleichberechtigung der Menschen neu zu justieren: Dieser sollte nicht identitär sein, also nicht Menschen in medizinisch-psychiatrische Geschlechterschubladen stecken (die Folgen haben wir ja gerade beschrieben), sondern sich folgenden zentralen Anliegen widmen:

  • Anzuerkennen, dass nur Menschen selbst im Zweifel über ihr Geschlecht Bescheid wissen...
  • ... die Menschen sich zu ihrem Geschlecht äussern können...
  • ... und diese Äusserung sich auf das Geschlecht bezieht (und nicht etwa auf "Geschlechtsidentität").

Zudem:

  • Anzuerkennen, dass Körperzustände zu deuten, fehlerbehaftet ist (auch wenn es sich um medizinisch-psychiatrische Deutung handelt) und Körper und Verhalten zu deuten, prinzipiell nicht zur endgültigen biologischen(!) wie psychischen Geschlechtsbestimmung herangezogen werden kann.

Das meint letztlich aber auch, dass der Einsatz für Menschen mit geschlechtlichen Variationen nur dann ein wirklicher Einsatz ist, wenn Menschen zum Einen von Anfang an in ihren geschlechtlichen Selbstaussagen ernst genommen werden und zum Anderen körperliche Zustände wie Zustände des Verhaltens nicht geschlechtlich gedeutet werden. Weder als "Mann" oder "Frau", noch als "trans*" oder "*inter*". Es reicht Körperzustände, Körperzustände sein zu lassen.