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Danke für den Gesetzentwurf, liebe Grüne, aber...

Die Grünen haben heute einen Gesetzentwurf eingebracht, der das Transsexuellengesetz ersetzen soll. Wir haben den Eindruck, dass die Grünen vor ein paar Jahren schon mal weiter waren. In dem aktuellen Entwurf wird deutlich, dass die Überschrift der Angelegenheit wieder verstärkt die psychosexologische Idee der "Gender Identity" sein soll - werden sie doch explizit benannt und so getan, als bräuchte hier eine gesonderte Gruppe einen gesonderten Bedarf an Beratung.

Das entspricht dann gar nicht dem, was wir uns unter einer flächendeckenden, gleichberechtigten Gesundheitsversorgung vorstellen. Es kann nicht sein, dass in einem Gesetz durch die Hintertür versucht wird, bestimmten Communities quasi die staatliche Verfügungsgewalt zu übertragen. Der Gesetzentwurf lässt das leider befürchten.

"Immer wieder stellen Menschen im Laufe ihres Lebens fest, dass das bei Geburt zugewiesene Geschlecht nicht ihrer tatsächlichen Geschlechtsidentität entspricht."

Sagen die Grünen auf der Website der Bundestagsfraktion. Richtig wäre aber, dass bei transsexuellen Menschen das Geschlecht, welches auf Papier und in PCs vermerkt ist, nicht dem Geschlecht entspricht. Solange "Geschlechtsidentität" als abweichend zu einem "Geschlecht" verstanden wird, wird es nicht besser - sondern immer noch "Geschlechtsidentität" zum Problemfall erklärt. Darum geht es aber gar nicht - sondern darum das Geschlecht eines Menschen anzuerkennen und nicht die Geschlechtsidentität, vorallem wenn diese als Abweichung zum eigentlichen Geschlecht verstanden wird!

Die Grünen haben heute dazu einen Gesetzentwurf eingebracht. Es ist dieser hier:
Gesetzesentwurf zum Download

Ein weiterer Paragraph (§5) ist vorgesehen, um Beratung für Menschen "denen bei Geburt ein nicht mit ihrer Geschlechtsidentität über einstimmendes Geschlecht zugewiesen wurde" gesetzlich zu verankern. Die explizite Erwähnung dieses "Anspruchs auf psychosoziale Beratung" wirkt so, als ob es hier um etwas anderes geht: Die Schaffung von Strukturen, die dann Menschen mit geschlechtlichen Variationen dann a) gesammelt als Menschen mit abweichender "Geschlechtsidentität" vereinnahmen und b) zukünftige Regelfinanzierungen dieser Strukturen zu ermöglichen. Da wir in den letzten Jahren erleben konnten, wie Transsexualität und Intersexualität erneut zu einer Gender-Identitätsthematik umgedeutet werden, werten wir die Idee der Grünen, diesen Paragraphen einzuführen, als Versuch noch deutlicher die Definitionshoheit über geschlechtliche Definitionen in die Hände gewisser Gruppen zu legen.

Berücksichtigt man, dass mit "Gender Varianz" oder "Gender Inkongruenz" im nächsten Jahr dann auch die Neufassung alter gender-deutender Medizindiagnosen ansteht - etwas, was auch nicht ohne Beteiligung von fremdbestimmenden Lobbygruppen ablief - dann sollten wir schon genauer hinsehen und uns fragen, was für machtpolitische Interessen hier vertreten werden. Der Link zu "Gender Dysphorie" ist dann im ausführlichen Begründungstext schnell zu finden, wenn von "trans* Menschen" die Rede ist und auf Psychosexologen wie Timo Nieder und Hertha Richter-Appelt verwiesen wird.

Es ist spürbar, dass gute Ideen nicht besser werden, wenn sie mit Lobbyinteressen vermischt werden.

Veranstaltungshinweis CSD Stuttgart 2017

Zum diesjährigen CSD in Stuttgart wird die Aktion Transsexualität und Menschenrecht e.V. eine Diskussionsveranstaltung zur medizinischen Behandlung organisieren. 2018 soll ja laut WHO die Diagnose "Geschlechtsidentitätsstörung" der Vergangenheit angehören. Die Frage wäre aber: Ist denn das, was geplant ist - nämlich eine "Gender Dysphorie" bzw. "Gender Varianz" - wirklich so viel besser? Darüber unterhalten wir uns mit Ute Vogt (SPD), Johanna Tiarks (die LINKE), Judith Skudelny (FDP) und Dr. med. Roland Fressle (Kinderarzt).

Unabhängig davon, ob eine "Gender Identität" überhaupt existiert - eines ist sicher: "Gender Identität" hat unserer Ansicht nach nicht der medizinische Behandlungsgegenstand zu sein. Menschen haben ein Wissen über ihr Geschlecht, es macht wenig Sinn, dieses Wissen zu behandeln. Die Alternative dazu hatten wir bereits in der "Stuttgarter Erklärung" festgeschrieben: Das geschlechtliche Wissen gehört von Anfang an anerkannt - um was sich die Medizin zu kümmern hat, ist Leid zu mildern. Von einem echten Paradigmenwechsel können wir also erst dann sprechen, wenn es bei der medizinischen Behandlung nicht mehr um geschlechtliche Deutung geht, sondern um konkrete Anliegen. Politikerinnen können dafür die richtigen Rahmenbedingungen schaffen.

Kurz vor der Bundestagswahl wäre es doch interessant, die Positionen der Bundestagsparteien zu kennen. Denn wir sind uns sicher: Eine medizinische Behandlung, die den Menschenrechten entspricht, ist möglich. Wer aber hat den Willen, Menschenrechte ernst zu nehmen?

Geschlechtswechsel oder Perspektivwechsel? - Identitäre Trans*Diagnosen und mögliche Alternativen

Donnerstag, 28. Juli 2017
Beginn 20:00
Kulturzentrum Merlin, Stuttgart, Augustenstraße 72

Ute Vogt (SPD)
Johanna Tiarks (die LINKE)
Judith Skudelny (FDP)
Christina Schieferdecker (ATME e.V.)
Dr. med. Roland Fressle (Kinderarzt)