building responsive website

ATME-Wahlcheck Landtagswahl 2016

Am 13. März wird in Baden-Württemberg, neben Sachsen-Anhalt und Rheinland Pfalz, ein neuer Landtag gewählt. Wir wollten wissen, welche Parteien denn Menschen, die geschlechtliche Abweichungen mitbringen, überhaupt wählen können und haben deswegen jeweils 6 Fragen an die Parteien in Baden-Württemberg gesendet, die dort zur Wahl stehen. Auch wenn sich die Parteien in den Ländern etwas unterscheiden, kann der Wahlcheck BW eine Orientierung für alle drei Wahlen sein.

Gefragt hatten wir folgendes:

  1. Berücksichtigen sie die Tatsache, dass Transsexualität angeboren und keine Sache der Wahl ist? Wenn Ja, wie?
  2. Sind z.B. transsexuelle Frauen für Sie „Männer, die sich als Frauen fühlen“, „Frauen, unabhängig ob vor oder nach ihrer genitalanpassenden OP“ oder „Männer, die eine Geschlechtsumwandlung anstreben oder bereits durchführen ließen“? (Bitte erläutern Sie Ihre Antwort kurz.)
  3. Hat für sie die „Stuttgarter Erklärung“ (http://die-erklaerung.de/) eine Bedeutung? Wenn Ja, welche?
  4. Haben sie vor, mit Organisationen wie ATME e.V. zusammenzuarbeiten?
  5. Wie bewerten sie Positionen wie sie von „Pegida“ oder „Demo für Alle“ vertreten werden? Sehen sie darin eine Einschränkung der Menschenrechte von Minderheiten?
  6. Warum sollten transsexuelle Menschen besonders sie wählen?

Die Antworten der Parteien finden sich unter folgendem Link:

Übersicht der Antworten zur Landtagswahl 2016 BW

Ausgehend von den Antworten haben wir ein Ranking angefertigt und die Parteien nach Übereinstimmung mit den Positionen von ATME sortiert. Ausschlaggebend war vor allem das Bekenntnis zu Menschenrechten bzw. gleichen Rechten aller Menschen, aber auch die Sorgfalt der Antwortenden, die Fragen konkret zu beantworten. Floskeln und Allgemeinplätze wurden von uns schlechter gewertet. Zur besseren Orientierung haben wir eine Grafik erstellt, die aus zwei Teilen besteht: "Heaven" und "Hell". Da wir u.a. Parteien, die sich an Hetze gegen Minderheiten beteiligen (wie bei der DfA) und sich nicht deutlich von Rechtsradikalismus (z.B. auch innerhalb der Kirche), als "böse" erleben, haben wir diese Parteien dem Bereich "Hell" zugeordnet. Parteien, denen wir zutrauen, Menschen in ihrem So-Sein anzuerkennen, finden sich im Bereich "Heaven". Die Parteien sind der Reihenfolge nach sortiert: Weiter oben finden sich diejenigen, die sich positiver dazu geäussert haben, sich nach der Wahl für die Rechte von Menschen wie trans- und intersexuellen Menschen einzusetzen.



Das Ranking kann hier heruntergeladen werden:

ATME Ranking zur Landtagswahl 2016 in BW

Wenn wir berücksichtigen, wer Chancen hat, in den Baden-Württemberger Landtag 2016 einzuziehen, können wir drei Parteien als wählbar nennen: Die Grünen (sicher im Landtag vertreten), die Linke (nicht ganz sicher, aber möglich) und die FDP. Die SPD hatte uns (wie die CDU) nicht geantwortet.

Update (8. März). Die Antworten der SPD. Siehe dazu auch unser Kommentar auf Facebook: Link.

CDU unterstützt Extremisten

Eigentlich haben wir uns ja um einen sehr komplizierten Wahlcheck bemüht (den ihr auch noch zu sehen bekommt), aber die rechtsradikale, menschenverachtende "Demo für Alle" hat es für uns abgekürzt und berichten in einer Presseerklärung:

CDU und AFD unterstützen völlig die Forderungen der "Demo für Alle", die u.a. keine Menschenrechte für transsexuelle Menschen vorsehen und einen Bildungsplan an Schulen nach Adam-Eva-Gott-Prinzip. Christus für wenige, sozusagen, statt Bildung für alle.

Oder anders ausgedrückt: Sie sprechen sich klar gegen folgenden Inhalt im Bildungsplan Beden-Württemberg aus (Originalzitat aus "Arbeitspapier für die Hand der Bildungsplankommissionen als Grundlage und Orientierung zur Verankerung der Leitprinzipien", verlinkt auf der Seite der "Demo für alle")

  • [Schüler] kennen Lebenssituationen von LSBTTI-Menschen und setzen sich mit Menschenrechten und Diskriminierung auseinander
  • Geschichte der Unterdrückung von bi-, homo-, trans- und intersexuellen Menschen, der Emanzipations- und Befreiungsbewegung, gelungene gesellschaftliche Integration (indigene Völker, polynesische Völker, EU)
  • herausragende historische und zeitgeschichtliche LSBTTI-Menschen
  • Ausprägungen schwuler, lesbischer, transgender und intersexueller Kultur (Musik, Bildende Kunst, Literatur, Theater, Film und neue Medien)
  • Rechte von LSBTTIMenschen (abgeleitet aus den grundlegenden Menschenrechten, internationalem und nationalem Recht, z.B. UNGrundrechtscharta, europäisches Recht, Grundgesetz, Allgemeines Gleichstellungsgesetz, Transsexuellengesetz)

Wir haben die CDU um eine Stellungnahme gebeten (schon vor 2 Wochen), aber sie fehlt bis heute.

Weiter heißt es auf der Webseite des Bildungsplanes:

Bildungsplan aktuell 14: Miteinander leben – Leitperspektive "Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt"

 
Die Gesellschaft im 21. Jahrhundert ist geprägt von zunehmender Komplexität: Globalisierung, demografischer Wandel oder wachsende Diversität sind dabei Stichworte, die für vielfältige und vielschichtige Entwicklungen der heutigen Lebenswelt stehen.

Gerade Kinder und Jugendliche stehen dabei vor großen Herausforderungen. Bildung und Erziehung sollen sie dazu in die Lage versetzen, sich nicht nur in dieser komplexen Welt zu orientieren und darin einen Platz zu finden, sondern auch Verantwortung zu übernehmen und diese Welt mitzugestalten. Die Leitperspektive "Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt" soll einen Beitrag zum Aufbau der Kompetenz bei jungen Menschen leisten, konstruktiv und wertschätzend mit Vielfalt in der modernen Gesellschaft umzugehen. Vielfalt äußert sich vor allem in Bezug auf Staatsangehörigkeit, Nationalität, Ethnie, Religion, Weltanschauung, geschlechtliche Identität und sexuelle Orientierung, Alter, Behinderung oder Nichtbehinderung. Mit dieser Vielfalt gehen Individualisierung und Pluralisierung von Lebensstilen einher.

Förderung von Respekt und die gegenseitige Achtung und Wertschätzung von Verschiedenheit sind Kernanliegen der Leitperspektive. In der Auseinandersetzung mit der eigenen und der Identität anderer erfahren Kinder und Jugendliche die Vielfalt gesellschaftlicher Realität. Dabei soll es Schule - als Ort von Toleranz und Weltoffenheit - jedem Individuum ermöglichen, sich frei und ohne Angst vor Diskriminierung zu artikulieren. Grundlage für den konstruktiven Umgang mit Vielfalt bilden Grundgesetz, Landesverfassung und Schulgesetz; wichtige Maßstäbe bilden dabei die Menschenwürde, das christliche Menschenbild und der besondere Schutz von Ehe und Familie.

Kompetenzen und Inhalte der Leitperspektive "Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt" beziehen sich grundsätzlich auf alle Fächer und orientieren sich an folgenden Bereichen:

  • Informationsbeschaffung: Im Mittelpunkt stehen hier etwa Recherche, Beschreibung, Bericht und Präsentation, um Wirklichkeit und Lebenswelt in ihrer Vielgestalt und Vielschichtigkeit zu erfassen. Persönliche Begegnung und aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse spielen dabei auch eine Rolle.
  • Deutung/Perspektivübernahme: Dabei geht es wesentlich etwa um das Hinterfragen von Vorurteilen, die Analyse von Formen und Faktoren von Diskriminierung, das Nachvollziehen anderer Perspektiven als der eigenen oder das Erfassen universaler Werte und Normen (beispielsweise Menschenrechte, Völkerrecht) – jeweils auch im Hinblick auf die eigene Identitätsentwicklung.
  • Zusammenleben gestalten/Handlungsorientierung: Dreh- und Angelpunkt sind der respektvolle Umgang mit eigener und fremder Identität und die Gestaltung eines toleranten, respektvollen und friedlichen Zusammenlebens in einer pluralen Gesellschaft. Dabei spielen etwa die Entwicklung dialogorientierter Handlungsstrategien, das Eintreten gegen Diskriminierung und Verwendung einer diskriminierungsfreien Sprache oder der konstruktive Umgang mit Konflikten eine Rolle.

Der Anspruch der Leitperspektive, der ein breites und umfassendes Verständnis von Vielfalt zugrunde liegt, bezieht sich auch auf die Fähigkeit der Gesellschaft zum interkulturellen und interreligiösen Dialog sowie zum friedlichen Umgang mit unterschiedlichen Positionen beziehungsweise Konflikten im internationalen Kontext. "Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt" leistet demnach auch einen Beitrag zur Friedenserziehung und zur Verwirklichung einer inklusiven Gesellschaft.